Otto der Schneemann

Den ganzen Winter stand Otto der Schneemann schon auf dem alten Kirchhof mit dem großen eisernen Tor. Er hatte seine Freude daran, die Vögel am Futterhäuschen zu beobachten, oder den Kindern beim Spielen und Toben zuzusehen. Eines der Kinder hatte Otto seinen Schal umgebunden und ein anderes hatte ihm einen alten Hut mitgebracht und aufgesetzt.

 

An einem Morgen stand die Sonne klar am blauen Himmel, kein Wölkchen war zu sehen und die Vögel zwitscherten: „Bald wird es Frühling!“, von den Bäumen.

Der Schneemann war verwundert und fragte eine Meise, die vor ihm auf einem Ast saß: „Was ist Frühling?“

„Da wird alles wieder grün und die Blumen blühen“, die Meise plusterte sich auf, schüttelte sich und schaute Otto an: „Es gibt aber keinen Schnee mehr und ich sah auch noch keinen Schneemann, im Frühling.“

„Wo sind die Schneemänner im Frühling?“, fragte Otto.

„Das kann ich dir nicht sagen“, antwortete die Meise.

„Sie werden zu Wasser!“, krächzte es vom Baumwipfel.

Was!“, rief Otto aus. Verärgert sah die Meise hoch und erblickte eine Krähe oben im Baum.

„Du bist wohl ganz schlau“, meinte die Meise.

„Na, wenn es doch stimmt“, sagte die Krähe und segelte auf den Boden vor den Schneemann. Ein Rotkehlchen, das dort nach Futter suchte, bekam einen Schreck, „Huch, komm mir nicht zu nahe!“, pfiff es und hüpfte ein Stück zurück.

„Die Krähe ist ein ungehobelter Klotz“, schimpfte die Meise vom Ast herunter.

„Ich habe nur die Wahrheit gesagt, oder Rotkehlchen weißt du wo Schneemänner im Frühling sind?“

„Ich, ich kann es euch nicht sagen“, piepste das Rotkehlchen.

„Ich weiß, ich habe recht!“, sagte die Krähe.

„Ach, ach, ach!“, etwas anderes konnte der arme Otto nicht mehr sagen.

Die Meise blickte mit Anteilnahme auf den Schneemann, überlegte und meinte: „Oben auf dem Berggipfel, dort liegt immer Schnee.“

„Dann mach dich mal auf die Socken, dort oben wohnt die Winterkönigin mit ihrem Polarfuchs, die nimmt dich sicher auf“, die Krähe kam immer gleich zu Sache.

Otto fühlte sich völlig überrumpelt, „Wie, was ich soll einfach losgehen, wo ich doch so gerne hier bin. Außerdem weiß ich gar nicht, ob ich dort oben willkommen bin.“

„Die Krähe hat Recht, geh am besten gleich zur Winterkönigin, bevor es Frühling wird“, sagte das Rotkehlchen und flog einfach fort.

„Viel Glück“, meinte die Meise noch, dann verschwand auch sie.

„Lasst mich doch alle allein!“, flüsterte Otto.

„Na, komm, las den Kopf nicht hängen. Heute wird es eine sternenklare Nacht und der ungehobelte Klotz zeigt dir den Weg“, nun schwang sich die Krähe in die Luft und zog große Kreise. Otto sah in den Himmel und folgte der Krähe. Der Weg führte aufwärts an den Häusern vorbei. Nach einer Weile wurde es einsam, kein Haus war mehr zu sehen. Bis zum Morgengrauen folgten sie dem Pfad durch das Niemandsland bis auf den Gipfel. Dort stand ein Schloss, so etwas hatte Otto noch nicht gesehen.

„Ob ich hier willkommen bin?“, dachte der Schneemann und betrachtete alles genau.

„Wir sind am Ziel!“ krächzte die Krähe. „Ich schau wieder vorbei!“, rief sie noch und flog davon. „Danke!“, flüsterte Otto aufgeregt, in dem Moment öffnete sich eine Tür, eine wunderschöne Frau mit einem weißen Fuchs an ihrer Seite kam auf Otto zu und musterte ihn: „Sieh mal Füchslein, jemand hat uns diesen schönen Schneemann gebaut, wer war das nur?“ Da nahm Otto seinen ganzen Mut zusammen und sagte: „Ich komme aus dem Tal, vom alten Kirchhof, dort wird es jetzt Frühling. Damit ich nicht zu Wasser werde, hat die Krähe mir den Weg hier herauf gezeigt. Ich möchte gerne hier bleiben.“ Die Winterkönigin lächelte Otto an: „Ein Schneemann der sprechen kann, wie nett. Natürlich kannst du bleiben.“ Der Fuchs legte den Kopf schief und betrachtete Otto: „Von mir aus kann er hier bleiben, nur mein Körbchen teil ich nicht!“ „Aber er bleibt lieber hier draußen, er ist doch ein Schneemann!“, schmunzelte die Winterkönigin.

Und wenn er nicht geschmolzen ist, dann steht er immer noch dort.

 

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